Papers by Bernd Nitzschke
1. Internationaler Otto Gross Kongress Bauhaus-Archiv, Berlin 1999, 2000
H. Richter-Appelt (Ed.): Verführung - Trauma - Mißbrauch (1896-1996). Giessen (Psychosozial) 1997, 25-38; 2nd. ed 2002, 2002
Nutzungsbedingungen: Dieser Text wird unter einer Deposit-Lizenz (Keine Weiterverbreitung-keine B... more Nutzungsbedingungen: Dieser Text wird unter einer Deposit-Lizenz (Keine Weiterverbreitung-keine Bearbeitung) zur Verfügung gestellt. Gewährt wird ein nicht exklusives, nicht übertragbares, persönliches und beschränktes Recht auf Nutzung dieses Dokuments. Dieses Dokument ist ausschließlich für den persönlichen, nicht-kommerziellen Gebrauch bestimmt. Auf sämtlichen Kopien dieses Dokuments müssen alle Urheberrechtshinweise und sonstigen Hinweise auf gesetzlichen Schutz beibehalten werden. Sie dürfen dieses Dokument nicht in irgendeiner Weise abändern, noch dürfen Sie dieses Dokument für öffentliche oder kommerzielle Zwecke vervielfältigen, öffentlich ausstellen, aufführen, vertreiben oder anderweitig nutzen. Mit der Verwendung dieses Dokuments erkennen Sie die Nutzungsbedingungen an. Terms of use: This document is made available under Deposit Licence (No Redistribution-no modifications). We grant a non-exclusive, nontransferable, individual and limited right to using this document. This document is solely intended for your personal, noncommercial use. All of the copies of this documents must retain all copyright information and other information regarding legal protection. You are not allowed to alter this document in any way, to copy it for public or commercial purposes, to exhibit the document in public, to perform, distribute or otherwise use the document in public. By using this particular document, you accept the above-stated conditions of use.
Freie Assoziation. Psychoanalyse – Kultur – Organisation – Supervision, 2003
The motivation for recounting individual and collective stories and the (re)construction of histo... more The motivation for recounting individual and collective stories and the (re)construction of history as the eternal struggle of “good” and “evil” is subjected to critical examination. Historical salvation expectations are interpreted as efforts to make traumatic wounds un-happen in order to return to a pre-traumatic time. This fruitless attempt is confronted with Freud's “trans¬cultural” heritage, his insight into what lies behind the repetition compulsion and the demand for instinctual renunciation (renunciation of revenge) derived there from. Such considerations are concretized by means of examples from Freud’s own life and from the Jewish-Palestinian conflict.
Freie Assoziation. Psychoanalyse – Kultur – Organisation – Supervision, 2003
The motivation for recounting individual and collective stories and the (re)construction of histo... more The motivation for recounting individual and collective stories and the (re)construction of history as the eternal struggle of “good” and “evil” is subjected to critical examination. Historical salvation expectations are interpreted as efforts to make traumatic wounds un-happen in order to return to a pre-traumatic time. This fruitless attempt is confronted with Freud's “trans¬cultural” heritage, his insight into what lies behind the repetition compulsion and the demand for instinctual renunciation (renunciation of revenge) derived there from. Such considerations are concretized by means of examples from Freud’s own life and from the Jewish-Palestinian conflict.
literaturkritik.de, 2023
In Krisenzeiten, in denen das Vertrauen in die Narrative schwindet, die von den bislang anerkannt... more In Krisenzeiten, in denen das Vertrauen in die Narrative schwindet, die von den bislang anerkannten geistlichen und/oder weltlichen Autoritäten vorgegebenen wurden, mit deren Hilfe die Welt – beziehungsweise die Weltgeschichte – als sinn- und zweckvoll geordnetes Ganzes zu verstehen sein sollte, schlägt die Stunde charismatischer ‚Führer‘. Sie geben vor, die guten alten Zeiten wiederherstellen zu können, in denen man sich angeblich noch sicher fühlen konnte.
Diese An- und Verführer greifen die Angst vor einer realen oder mehr oder weniger willkürlich bestimmten Bedrohung auf und verknüpfen sie mit – ideologisch unterschiedlich begründeten – Maßnahmen der Aggressionslenkung. Das ermöglicht jenen, die sich als Teil des Großen-und-Ganzen begreifen – sei es eine Nation, ein Volk oder sonst eine Glaubensgemeinschaft –, ihre Wut an denen auszulassen, die sie für den Zustand der chaotisch erlebten Welt verantwortlich machen und als Abweichler, Volksfremde, Verräter usw. brandmarken. Auf diese Weise kann das Selbstwertgefühl der „kompakten Majorität“[1] in Abgrenzung zu den Ausgeschlossenen, denen man sich überlegen fühlt, neu justiert werden.
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https://literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=29488&p=c110
Ginge es nach GEORG LUKACS, SO wären SCHOPENHAUER, NIETZSCHE und Freud sicher nicht als Aufklärer... more Ginge es nach GEORG LUKACS, SO wären SCHOPENHAUER, NIETZSCHE und Freud sicher nicht als Aufklärer zu bezeichnen. Über SCHOPENHAUER heißt es bei LUKACS beispielsweise, dieser habe es sich im »Hotel am Rande des Abgrundes, des Nichts, der Sinnlosigkeit« (also in seiner Philosophie) bequem eingerichtet und von dieser Warte aus auf den »Pöbel« (sprich: das Proletariat) herabgesehen. Von oben herab habe SCHOPENHAUER SO eine »indirekte Apologetik der kapitalistischen Gesellschaftsordnung« (4 1988, S. 198) geliefert. Über NIETZSCHE-der nach eigener Einschätzung in der Tradition SCHOPENHAUERS ZU philosophieren begann-urteilt LUKACS: NIETZSCHE sei als »Begründer des imperialistischen Irrationalismus« anzusehen (4 1988; Überschrift zu Kap. 3). Auf Freud geht LUKACS in der hier zitierten Schrift nur am Rande ein, doch wird die Abhängigkeit, in der Freud von SCHOPENHAUER steht, durch LUKACS erkannt. Die Urteile LUKACS' über SCHOPENHAUER vorausgesetzt, ist es daher konsequent, wenn LUKACS über die »Tiefenpsychologie« schreibt, sie sei nichts weiter als »bürgerliche Dekadenz«. Sie wird von LUKACS mit dem »reaktionären Irrationalismus« SCHOPENHAUERS (und auch NIETZSCHES) in Beziehung gesetzt (4 1988, S. 187).
A time-honoured question runs: How do I know when I perceive something that I'm not dreaming? In ... more A time-honoured question runs: How do I know when I perceive something that I'm not dreaming? In his Meditations on First Philosophy René Descartes gave this answer: "It is manifestly impossible to doubt […] that I hold in my hand this piece of paper. But how could I deny that I possess these hands and this body, and withal escape being classed with persons in a state of insanity, whose brains are so disordered […] as to cause them pertinaciously to assert that they are monarchs when they are in greatest poverty." However, he then immediately lays another obstacle in the way of healthy human understanding. "Though this be true […] I must nevertheless here consider that I am a man, and that, consequently, I am in the habit of sleeping and representing to myself in dreams those same things, or even sometimes others less probable […] [A]ttentively considering these cases, I perceive so clearly that there exist no certain marks by which the state of waking can ever be distinguished from sleep." Karl Philipp Moritz took this objection seriously, and concluded in his Magazin zur Erfahrungsseelenkunde (1786, Journal of Experiential Psychology) that the scholar should make dreams the object of his considerations precisely because he "is attempting to glance into the pathways of both fantasy and well-ordered thinking in their most remote recesses." Sigmund Freud followed in turn this cue, which led him into a devil's brew. He found here all the ingredients for the cuisine which, on waking, is served up to common sense as meaningless dreams. With the help of free association Freud believed he could follow this cuisine back in such a way that he broke through the border between reason and dream, and thereby lay open the way that led from a healthy to a diseased mental life.
Forum der Psychoanalyse, 2006
Agora. Düsseldorfer Beiträge zu Psychoanalyse und Gesellschaft, 2019
Historische, psychlogische und soziologische Aspekte der Einsamkeit werden diskutiert
Zum Selbstdenken in den Wissenschaften gehört eben so viel Phantasie, als zu poetischen Erzeugnis... more Zum Selbstdenken in den Wissenschaften gehört eben so viel Phantasie, als zu poetischen Erzeugnissen und es ist zweifelhaft, ob Newton oder Shakespeare mehr Phantasie besessen haben. Johann Friedrich Herbart (1776-1841) 1. Der achtzehnjährige Sigmund Freud berichtet seinem Freund Eduard Silberstein im März 1875 von einem Besuch, den er soeben Franz von Brentano, Professor für Philosophie an der Universität Wien, abgestattet hat, bei dem er im Sommersemester eine Vorlesung über "alte und neue Logik" hören sowie an der "Lesung, Erklärung und kritischen Besprechung ausgewählter philosophischer Schriften" teilnehmen will. Der Brief enthält eine Köstlichkeit-die Beurteilung der neuzeitlichen Philosophie durch den Professor, wiedergegeben in der Prosa des Studenten: "Bei Cartesius sollten wir beginnen, diesen ganz durchlesen, weil von ihm ein neuer Anstoß für die Philosophie ausgehe. Von seinen Nachfolgern Guelin[c]x, Malebranche, Spinoza sei keiner lesenswert. Sie knüpften alle an die verfehlte Seite des Cartesius' Philosophie an, seine vollständige Trennung von Seele und Leib. […] Locke und Leibniz hingegen seien nicht zu umgehn […]." Auch Hume und Kant wären zu lesen, Kant verdiene jedoch "das Ansehn durchaus nicht, das man ihm lasse, er sei voll von Sophismen, ein unausstehlicher Pedant und kindisch erfreut, wenn er etwas dreiteilen oder vierteilen" könne. "Kurz, Kant kommt bei ihm sehr schlecht weg, was Kant hebt, das sind seine Nachfolger, Schelling, Fichte, Hegel", die Brentano "Schwindler" genannt habe. "Von diesen wollen Sie uns also dispensieren?" fragt der Student an. "Im Gegenteil, ich will Sie warnen, sie zu lesen, begeben Sie sich nicht auf diese schlüpfrigen Wege des Verstandes, es geht einem wie dem Irrenarzt, der anfangs wohl merkt, daß es dort toll zugeht, aber sich später daran gewöhnt und nicht selten selbst einen Span holt'", antwortet der Professor (Freud 1989, S. 117f.). 2. Jetzt wissen wir also, welche philosophische Lektüre Freud in jungen Jahren empfohlen worden ist. Und wir wissen auch, wovor er gewarnt worden ist: vor den "schlüpfrigen Wegen des Verstandes". Allerdings ignorierte Freud diese Warnung, als er später am Leitfaden der Gedankenassoziationen ins Labyrinth des Verstandes vorzudringen versuchte. Wir hingegen halten uns an eine Empfehlung des Professors, die gewiss auch sein Student Freud beherzigt hat: wir beginnen bei Descartes, um dann die Wege nachzuvollziehen, die zur Psychoanalyse geführt haben. Damit folgen wir einem Hinweis, den Freud selbst gegeben hat, als er bemerkte, die Psychoanalyse sei "nicht aus dem Stein gesprungen oder vom Himmel gefallen". Sie knüpfe vielmehr an "Älteres an, das sie fortsetzt, sie geht aus Anregungen hervor, die sie verarbeitet. So muß ihre Geschichte mit der Schilderung der Einflüsse
Werkblatt – Zeitschrift für Psychoanalyse und Gesellschaftskritik 34, 2017 (Heft 2), pp. 47-90, 2017
Da in den nachfolgenden Ausführungen zum Teil sehr detailliert auf historische Quellen eingegange... more Da in den nachfolgenden Ausführungen zum Teil sehr detailliert auf historische Quellen eingegangen wird und die angesprochenen Sachverhalte nur hinreichend zu verstehen sind, wenn man sie in den geschichtlichen Kontext einordnen kann, werden einige Erläuterungen vorausgeschickt. Beim so genannten "Memorandum" handelt es sich um einen von Carl Müller-Braunschweig 1933 verfassten Text, der nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war. 1 Am 22. Oktober 1933 erschien der letzte Teil dieses "Memorandums" unter dem Titel Psychoanalyse und Weltanschauung im Reichswart, einem antisemitischen Hetzblatt (Müller-Braunschweig 1933). Diesen Artikel, "in dem die Gleichschaltung der psychoanalytischen Theorie der Neurosen mit Hitlerschen Weltanschauung vollzogen wurde"(Reich-zit. n. Fenichel 1998, S. 103), druckte Wilhelm Reich in der von ihm im Exil herausgegebenen Zeitschrift für Politische Psychologie und Sexualökonomie mit Hinweis auf den Erstdruck ("Dieser Artikel erschien am 22.10.33 im ‚Reichswart'") unter der ironischen Überschrift ‚Unpolitische' Wissenschaft unautorisiert nach (Müller-Braunschweig 1934). Damit sollte die Kollaboration der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft (DPG) mit dem NS-Staat dokumentiert werden, die als ‚rein' wissenschaftlich, das heißt: als politisch ‚neutral', dargestellt wurde und in allen wichtigen Punkten mit der Führung der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung (IPV)-insbesondere mit Ernest Jones und Anna Freud-abgesprochen war (Nitzschke 1997, Peglau 2013). Ende der 1960er Jahre entdeckte Helmut Dahmer den Nachdruck des Reichswart-Artikels in Wilhelm Reichs Exil-Zeitschrift. In seinem Buch Libido und Gesellschaft zitierte er daraus mehrere Passagen und gab zudem einen Hinweis auf den Erstdruck (1973, S. 444). Fünfzig Jahre nach der Erstpublikation publizierte Dahmer (1983) den Reichswart-Artikel erneut, diesmal in der Psyche (Müller-Braunschweig 1983), versehen mit einem Kommentar:
Was psychoanalysis in Germany „destroyed” or „saved” in the period 1933-1945? To this day ever ne... more Was psychoanalysis in Germany „destroyed” or „saved” in the period 1933-1945? To this day ever new answers are given to the question, answers which depend on the time and the interests involved. This contribution seeks to reconstruct once again the steps leading to the incorporation in 1936 of the German Psychoanalytic Society (Deutsche Psychoanalytische Gesellschaft [DPG]) into the National Socialist German Institute for Psychological Research and Psychotherapy (Deutsches Institut für psychologische Forschung und Psychotherapie). This process of incorporation, which was intended as a „rescue“ and led to the self-disbandment of the DPG in 1938, took place during ongoing talks between Felix Boehm and Carl Müller-Braunschweig, officials of the DPG, on the one hand, and Ernest Jones, president of the International Psychoanalytic Association (IPA), on the other. The process was connected to yet another desideratum: the expulsion of Wilhelm Reich from the DPG/IPA.
International Forum of Psychoanalysis, 2003
zum 50. Mal jährenden Todestags Wilhelm Reichs werden dessen Biographie und Werk in einer synopti... more zum 50. Mal jährenden Todestags Wilhelm Reichs werden dessen Biographie und Werk in einer synoptischen Darstellung unter ausgewählten Gesichtspunkten gewürdigt. Reichs Lebensweg, der in der Bukowina der Habsburger Monarchie beginnt und über das Wien der Nachkriegszeit und das Berlin am Vorabend der nationalsozialistischen Machtergreifung ins Exil nach Skandinavien und schließlich in die Vereinigten Staaten führt, ist exemplarisch für das Schicksal der Angehörigen einer Generation, die in Folge des Ersten Weltkriegs mit der Tradition der Väter bricht und -unter Berufung auf Psychoanalyse und Marxismus -nach Freiheit in einer neuen Gesellschaft sucht. Den damit einhergehenden lebensgeschichtlichen Brüchen und den immer wieder neuen -persönlichen und (vereins-)politischen -Enttäuschungen widerspricht Wilhelm Reich in seinem Werk trotzig-utopisch -ein Widerspruch, der den Autor für die 68er-Generation attraktiv gemacht hat. Der vorliegende Text ist die überarbeitete Fassung eines Beitrags für das von Volkmar Sigusch und Günter Grau herausgegebene Personenlexikon der Sexualforschung, das demnächst im Campus Verlag, Frankfurt a. M./New York, erscheinen wird. Außerdem wird im Anhang hier erstmals ein Brief Wilhelm Reichs abgedruckt, der die Situation im skandinavischen Exil beleuchtet und Reichs Auseinandersetzung mit der "Weltliga für Sexualreform" verdeutlicht. Schlüsselwörter: Biographie und Werk von Wilhelm Reich; Geschichte der Psychoanalyse; Geschichte der Sexualwissenschaft; Emigration während des Nationalsozialismus; Sexpol-Bewegung; Weltliga für Sexualreform; 68er-Bewegung Vorbemerkung Reich hat durch Arbeiten zur Triebtheorie, Widerstands-und Charakteranalyse in den 1920er Jahren großen Einfluß auf die Nachkriegsgeneration der Psychoanalytiker ausgeübt. Ab Ende der 1920er Jahre gehörte er dem Kreis der Linksfreudianer an, die Freud (Psychologie) und Marx (Soziologie) zu verbinden suchten. Mit seinem in den 1960er Jahren auf deutsch neu aufgelegten Buch Die sexuelle Revolution. Zur charakterlichen Selbststeuerung des Menschen (1966) wurde er posthum auch noch zum Stichwortgeber der 68er-Bewegung: Dieser Buchtitel verdeckt und enthüllt zugleich die Wirrungen und Irrungen des Lebenswegs und des Schaffenskreises seines Autors. Es handelt sich dabei um die Übernahme eines Titels, der bereits 1945 in englischer Sprache erschienen ist: The Sexual Revolution: Toward a Self-Governing Character Structure. Reich wollte dieses Werk als 3. Auflage des Buches Die Sexualität im Kulturkampf. Zur sozialistischen Umstrukturierung des Menschen verstanden wissen, das er 1936 -damals lebte er im Exil in Norwegen-im Sexpol-Verlag publiziert hatte. Reich wollte inhaltlich daran anknüpfen, obwohl er seine politischen Positionen inzwischen weitgehend revidiert hatte. Also schrieb er im Vorwort der Ausgabe von 1945 (das hier nach der deutschen Übersetzung von 1966 zitiert wird): "Die vorliegende III. Auflage meines Buches Die Sexualität im Kulturkampf (1. Aufl. 1930, 2., erweiterte Aufl. 1936) erscheint […] zum ersten Male in englischer Sprache. Sie enthält keinerlei Änderungen in den sachlichen Ausführungen. Dagegen mußten an der Terminologie viele Änderungen vorgenommen werden" (Reich 1966: 11). Tatsächlich ist die von Reich so genannte Erstauflage nicht unter dem von ihm genanten, vielmehr unter dem Titel Geschlechtsreife, Enthaltsamkeit, Ehemoral. Kritik der bürgerlichen Sexualreform (1930) erschienen. Die Linie, die von dieser frühen Schrift (1930) über die so genannte zweite (1936) und dritte Auflage (1945) bis zur deutschen Übersetzung (1966) reicht, macht exemplarisch zweierlei deutlich:
Book Reviews by Bernd Nitzschke
literaturkritik.de, 2021
Für Wilhelm Reich stand fest: Psychoanalyse und Faschismus sind unvereinbar. Als politisch denken... more Für Wilhelm Reich stand fest: Psychoanalyse und Faschismus sind unvereinbar. Als politisch denkender und handelnder Psychoanalytiker gab er dieser Überzeugung in Wort und Tat schon lange vor 1933 Ausdruck. Ins Exil geflohen veröffentlichte er 1933 sein epochales Werk Massenpsychologie des Faschismus. Bevor man die Neuausgabe dieses Buches nun wieder zur Hand nimmt, sollte man über die historischen Zusammenhänge näher Bescheid wissen, in denen es konzipiert, publiziert, rezipiert – und Jahrzehnte nach seinem Erscheinen noch immer kontrovers interpretiert wurde. Das heißt, es geht hier nicht nur um einen Text, in dem die massenpsychologischen Voraussetzungen analysiert werden, die es einem ‚Führer‘ ermöglichten, ‚die Macht zu ergreifen‘ – es geht auch um das ‚Schicksal‘ der Psychoanalyse unter Hitler und um vereinspolitisch motivierte Versuche, Autor und Werk zu diffamieren.
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Papers by Bernd Nitzschke
Diese An- und Verführer greifen die Angst vor einer realen oder mehr oder weniger willkürlich bestimmten Bedrohung auf und verknüpfen sie mit – ideologisch unterschiedlich begründeten – Maßnahmen der Aggressionslenkung. Das ermöglicht jenen, die sich als Teil des Großen-und-Ganzen begreifen – sei es eine Nation, ein Volk oder sonst eine Glaubensgemeinschaft –, ihre Wut an denen auszulassen, die sie für den Zustand der chaotisch erlebten Welt verantwortlich machen und als Abweichler, Volksfremde, Verräter usw. brandmarken. Auf diese Weise kann das Selbstwertgefühl der „kompakten Majorität“[1] in Abgrenzung zu den Ausgeschlossenen, denen man sich überlegen fühlt, neu justiert werden.
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https://literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=29488&p=c110
Book Reviews by Bernd Nitzschke
Diese An- und Verführer greifen die Angst vor einer realen oder mehr oder weniger willkürlich bestimmten Bedrohung auf und verknüpfen sie mit – ideologisch unterschiedlich begründeten – Maßnahmen der Aggressionslenkung. Das ermöglicht jenen, die sich als Teil des Großen-und-Ganzen begreifen – sei es eine Nation, ein Volk oder sonst eine Glaubensgemeinschaft –, ihre Wut an denen auszulassen, die sie für den Zustand der chaotisch erlebten Welt verantwortlich machen und als Abweichler, Volksfremde, Verräter usw. brandmarken. Auf diese Weise kann das Selbstwertgefühl der „kompakten Majorität“[1] in Abgrenzung zu den Ausgeschlossenen, denen man sich überlegen fühlt, neu justiert werden.
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