Papers by Benedikt Ledebur
English short version in: Franz West, Tate Enterpreises Ltd, p. 186, Edited by Mark Godfrey & Christine Macel, 2018
Im Katalog zur Ausstellung „Verwechslungen“ der Fotokünstlerin Cora Pongracz, die 1978 in der Wie... more Im Katalog zur Ausstellung „Verwechslungen“ der Fotokünstlerin Cora Pongracz, die 1978 in der Wiener Galerie Nächst St. Stephan stattgefunden hat, finden sich fünf kleine Reproduktionen von Fotografien, die Franz West zeigen, wie er auf einer Terasse des Karl-Marxer-Hofs herum liegt. (Pongracz war die Frau des Dichters Reinhard Priessnitz, der Franz West den Namen Passstücke für die hantierbaren Skulpturen vorgeschlagen hat.) West ist auf der Seite oder am Bauch und nie am Rücken liegend zu sehen, Erschöpfung und Mittellosigkeit zumindest mimend, direkt auf dem Boden hingestreckt, die Augen halb oder ganz geschlossen, ohne Liege und ohne Buch, nur einmal mit dem rechten Arm auf eine Holzkiste gestützt. Im Hintergrund ist auf jedem der Bilder ein Feigenkaktus sichtbar.
In: Das Buch vom Drehen und Wenden der Blätter, S. 396, 2022
Die Bedeutung des Wortes "Witz" ist vielseitig. Wir können mit Leichtigkeit eine je andere Seite ... more Die Bedeutung des Wortes "Witz" ist vielseitig. Wir können mit Leichtigkeit eine je andere Seite in den Vordergrund treten lassen. Sagen wir zum Beispiel: "Was soll denn der Witz des Ganzen sein?" so fragen wir eher nicht nach der Pointe, sondern nach dem Zweck des Ganzen, und sagen wir: "Jetzt machst du aber einen Witz", so meinen wir "das meinst du aber jetzt nicht ernst", und ordnen es unter "nur gespielt" ein. In einem entsprechenden Kontext kann mit "witzig" etwas wie "lächerlich" gemeint sein ("eine witzige poesie, das konkrete") und ein gedehntes "seeehr witzig" kann "ich finde das gemein und blöd von dir" bedeuten, ein ausgerufenes "was für ein Witz!" kann für "was für ein Blödsinn!" stehen.
In: Das Buch vom Drehen und Wenden der Blätter, S. 296, 2022
about a kiss, which could have happened, we never may but speculate.
JUST FRIENDS at Galerie Petra Seiser, 2024
Instead of a press text or an introduction to the show JUST FRIENDS at Galerie Petra Seiser, I wr... more Instead of a press text or an introduction to the show JUST FRIENDS at Galerie Petra Seiser, I wrote 17 sonnets (in german) dedicated to the 17 artists of the show: Eva Beresin, Adriana Czernin, Oswald Egger, Judith Eisler, Brigitta Falkner, Werner Feiersinger, Sébastien de Ganay, Begi Guggenheim, Max Henry, Ana Karkar, Angelika Loderer, Elisabeth Penker, Rudolf Polanszky, Stefan Rinck, Tamuna Sirbiladze, Selina Traun, Franz West
In: Kolik, Heft Nr. 86, S.132 -151, 2021
Soll ich also, von dieser Art von Analyse ausgehend, die Abschweifungen forcieren und mein Niveau... more Soll ich also, von dieser Art von Analyse ausgehend, die Abschweifungen forcieren und mein Niveau narrativ in Richtung von labyrinthischen Gängen und Verschachtelungen à la Tristram Shandy noch weiter senken? Der Gedanke, die Selbstbeobachtung beim Übersetzen der Gedichte Tzaras (und vielleicht auch anderer) dazu zu missbrauchen, mir die unterschiedlichsten Verläufe und Verstrickungen von der Seele zu schreiben, war mir schon vor längerer Zeit gekommen.
Triëdere #27, S.106 - 111, Sonderzahl, Wien, 2024
Angenommen, wir bewegten uns in einem labyrinthischen Versuchslabor,
wo jede Zusammenkunft, jeder... more Angenommen, wir bewegten uns in einem labyrinthischen Versuchslabor,
wo jede Zusammenkunft, jeder Zusammenstoss, jedes Verweilen
und Auseinandersetzen, jedes Niederlassen, Aufstehen, Auseinandergehen
und Auseinandergerissenwerden seine berechenbare Voraussagbarkeit
und Bedeutung bekäme, würden sie von einer Intelligenz,
einem Dämon à la Laplace, von einem distanzierten, außerhalb
des Ganzen gelegenen Fluchtpunkt aus betrachtet, dann spielten in
meinem Fall zwei Orte wegen ihrer Farbleitsysteme eine paradigmatische
Rolle: die Wiener Technische Universität und das Wiener Allgemeine
Krankenhaus.
In: Wiener Kreis und Wiener Gruppe, Thomas Eder und Károly Kókai (Hrsg.) NoPress 125-144, 2024
Wird von einer der Bezeichnungen der wissenschaftlichen Weltauffassung des Wiener Kreises ausgega... more Wird von einer der Bezeichnungen der wissenschaftlichen Weltauffassung des Wiener Kreises ausgegangen, nämlich von Logischer Empirismus, dann stünde in meinem sehr allgemein gehaltenen Titel Literatur für Empirie, für Erfahrung, also für den Bereich unserer Auffassung, den wir, gehen wir von einem wie auch immer argumentierten Ideal notwendiger Wahrheiten aus, mit dem abwertenden Merkmal der Kontingenz, des Zufälligen belegen, oder mit dem weniger abwertenden der synthetischen Wahrheiten. An diese grundsätzliche Unterscheidung knüpfen sich philosophische Probleme, die Positivisten meist durch radikale Postulate erledigt wissen wollen, zum Beispiel, dass die Annahme eines synthetischen Apriori einfach einen Kategorienfehler bedeute. Siehe dazu Wittgensteins Tractatus logico-philosophicus (5.634): "Das hängt damit zusammen, daß kein Teil unserer Erfahrung auch a priori ist. Alles was wir sehen, könnte auch anders sein. Alles, was wir überhaupt beschreiben können, könnte auch anders sein. Es gibt keine Ordnung der Dinge a priori."
Onestar Press, Nov 20, 2003
Lower Animals living under simple, constant and favorable conditions adapt themselves to immediat... more Lower Animals living under simple, constant and favorable conditions adapt themselves to immediate circumstances through their innate reflexes. This usually suffices to maintain individual and species for a suitable period.
ERNST MACH, KNOWLEDGE AND ERROR
Goose-soup or: there's got to be fun
Rudolf Polanszky and Benedikt Ledebur in Conversation
Recorded on November 20, 2002
Onestar Press, Sep 27, 2001
In ÜBER/TRANS/LATE/SPÄT original poems and their translations are sifted out to highlight propert... more In ÜBER/TRANS/LATE/SPÄT original poems and their translations are sifted out to highlight properties of language. Translation theory is part of the aesthetic of the whole and begins with the title of the book, suggesting that a mistake or change of aspect can be a source of creativity.
A first attempt at a rational linguistic distinction of the real that separates the determination... more A first attempt at a rational linguistic distinction of the real that separates the determination of characteristics from the absence of this determination—this being an attempt to assign the real to another space other than the reality in which it currently exists, which one might suspect is only a construct—is the same as the distinction between the representational and the nonrepresentational. This ex negativo concept of the real would fall into the latter category, as it is the coded denotation, the characteristic-filtering gaze, and the eyes schooled by the conventions of seeing and the desire for categories that give any form of realism the ability to deceive us with its temporal and stylistic artificiality. Either from a Kantian concept of a fundamentally unapproachable reality or from the constructivist view of artificiality that is void any reality whatsoever, if when looking at something the viewer takes into consideration the means of viewing, the methods, or the experime...
Zeitschrift für Kulturphilosophie, 2017
Worte und Ausdrücke müssen für einen Allgemeinheitsgrad
einstehen, der ihrer herkömmlichen Verwe... more Worte und Ausdrücke müssen für einen Allgemeinheitsgrad
einstehen, der ihrer herkömmlichen Verwendung fremd ist;
und wenn diese Sprachelemente auch als Fachtermini eine
feste Bedeutung annehmen, so verbleiben sie doch Metaphern,
die stumm auf ein Überspringen der Phantasie warten.
Alfred North Whitehead, Prozess und Realität, S.33
Otium - Franz West, Astrid Ihle (Editor), Heimo Zobernig (Concept), Koenig Books Ltd, 2018
Each period of living differs from any other period of living
not in the way life is but in the ... more Each period of living differs from any other period of living
not in the way life is but in the way life is conducted and that
authentically speaking is composition. After life has been
conducted in a certain way everybody knows it but nobody
knows it, little by little, nobody knows it as long as nobody
knows it. Any one creating the composition in the arts does
not know it either, they are conducting life and that makes
their composition what it is, it makes their work compose
as it does.
(Gertrude Stein, Composition as Explanation)
Otium-Franz West, Astrid Ihle (Editor), Heimo Zobernig (Concept), Jeanette Pacher (Translation), Koenig Books Ltd, 2018
Each period of living differs from any other period of living
not in the way life is but in the w... more Each period of living differs from any other period of living
not in the way life is but in the way life is conducted and that
authentically speaking is composition. After life has been
conducted in a certain way everybody knows it but nobody
knows it, little by little, nobody knows it as long as nobody
knows it. Any one creating the composition in the arts does
not know it either, they are conducting life and that makes
their composition what it is, it makes their work compose
as it does.
(Gertrude Stein, Composition as Explanation)
Max Henry 1820, http://www.charimgalerie.at/kuenstler_max_henry.htm, 2018
Wenn Max Henry mit dem Titel zu seiner ersten Ausstellung 1820 die beiden Zahlenpaare der Jahresz... more Wenn Max Henry mit dem Titel zu seiner ersten Ausstellung 1820 die beiden Zahlenpaare der Jahreszahl des Jahres 2018, in dem diese Ausstellung stattfindet, austauscht, will er ganz im Sinne der Avantgardisten seiner künstlerischen Gegenwart eine zukünftige Richtung geben, indem er sie mit den Geistern eines vergangenen, eben des neunzehnten Jahrhunderts verbindet. Natürlich kann diese doppelte Richtung in der Zeit, die aus dem permutativen Spiel mit der aktuellen Jahreszahl zu resultieren scheint, auch als Versuch gesehen werden, die Zeit aufzuheben, um den Moment zu ermöglichen, in dem mächtige Geister aus beliebigen Zeiten beschworen werden können. Auf jeden Fall enthebt dieses Spiel der Frage, ob Malerei denn zeitgemäß sei, da das Malen zu Henrys Konzept gehört, nach dem es wie der oder die Malende als Medium dienen soll, zwischen Zeiten und Welten sowie zwischen Darstellung und Dichtung zu vermitteln. Eine der Schlüsselfiguren, die Max Henry mit einem modernistischen Hang zur Serie zur Leinwand bringt, ist William Blake, der zu seiner Zeit sowohl als Dichter wie als Künstler aus seiner Zeit zu fallen schien. Dass dies Blakes Fernwirkung keinen Abbruch getan hat, ist bekannt: aus seinem Satz If the doors of perception were cleansed everything would appear to man as it is, infinite gewann nicht nur Aldous Huxley den Titel für sein 1954 erschienenes Buch The Doors of Perception, in dem er die Wirkung des Psychedelikums Mescalin beschreibt, sondern auch Jim Morrison den Namen für seine Band The Doors. Bei Max Henry erscheint nun das Brustbild, das er in seinen verschiedenen Fassungen auf Blake bezieht, wie transparent und ständig für ein Morphen bis hin zu Landkarten von imaginären Inseln bereit. In einer frühen kleinen Studie in Acryl (wir bewegen uns in einem Zeitraum von ungefähr zwei Jahren) hat der Blake zugeschriebene Schädel noch einen in Rosa gehaltenen Schatten, um die Doppelbödigkeit der symbolischen, zwischen Zeichnung und Malerei oszillierenden Darstellung zu unterstreichen. Henrys konstruierender wie dekonstruierender Strich sucht in seiner Unsicherheit die Sicherheit, offen zu bleiben, um allgemeinere, beziehungsweise abstrakte Deutungen zulassen zu können. Ähnliches gilt für seine Farbgebungen, die im segmentierenden Bildaufbau als Elemente dienen, die nicht nur von einer stilbildenden Farbpalette zeugen (was wäre das Denken in Farben anderes), sondern deren Zusammenspiel so kalkuliert zu sein scheint, dass, lässt man die Konturen der Figuren bildenden Zeichnung außer acht, das so entstehende reine Farbbild als abstraktes seine Eigenständigkeit behält. Auch diese zwei Ebenen stehen also ständig auf dem Spiel und verleihen den Kompositionen eine zusätzliche Dimension. Nicht nur dichtende Maler oder malende Dichter dienen Max Henry, der selbst schon lange Gedichte geschrieben hat, bevor er zu malen begann, als wörtlich zu verstehende Vorbilder. Der Dialog, den er im Malen mit diesen Geistern sucht, speist sich auch aus den Beziehungen, wie sie schon immer zwischen Malenden und Dichtenden bestanden haben: paradigmatisch für das neunzehnte Jahrhundert ist die Beziehung zwischen Manet und Baudelaire, für die sich natürlich Portraits unter den Bildern Henrys finden, der für seinen Baudelaire eine Radierung Manets wieder in Malerei umsetzt, die dieser aus seiner Baudelaire-Darstellung auf seinem eigenen Gemälde La musique aux Tuileries (1862) gewonnen hatte. Überhaupt verbindet Henry mit Manet das Verfahren, Darstellungen früherer Maler in den eigenen Bildkosmos zu übernehmen, denn schon Manet hat Figuren und Kompositionen z.B. von Raffael, Tizian, Velazquez oder Goya in seine Bilder collagiert oder integriert. Baudelaire dagegen, der mit seinem Aufsatz Le Peintre de la vie moderne den Begriff der Moderne für die bildende Kunst ins Spiel brachte, ist allein dadurch, dass er sich als Poet an der Kunst orientiert hat und als ihr Kritiker auftritt, dazu prädestiniert, Max Henry, der sich als Kurator und Kunstkritiker schon lange einen Namen gemacht hat, als Leitstern zu dienen.
Translated by Matthias Goldmann, Max Henry 1820, http://www.charimgalerie.at/kuenstler_max_henry.htm, 2018
The title of Max Henry's first exhibition, 1820, reverses the two pairs of digits that make up th... more The title of Max Henry's first exhibition, 1820, reverses the two pairs of digits that make up the number 2018, the year in which this exhibition takes place. Fully in line with the avant-gardists, he seeks to give his present-day artistic endeavors a future direction by connecting them with the spirits of the past, namely those of the nineteenth century. Of course, the twofold direction in time, which appears to result from this play of permutation with the number of the current year, could also be seen as an attempt to suspend time, so as to bring about a moment in which the mighty spirits of any epoch can be invoked. In any case, this play relieves him of answering the question whether painting is in keeping with the times, as painting is part of Henry's concept, according to which it is designed to act, just like the painter, as an intermediary medium between eras and worlds as well as between depiction and poetry. One of the key figures Max Henry has brought to his canvas, with a Modernist propensity for series, is William Blake, who in his day appeared out of step with his own time, both as a poet and a visual artist. As we know, this has not weakened Blake's long-term influence. His sentence " If the doors of perception were cleansed everything would appear to man as it is, infinite " was not only the source of Aldous Huxley's title The Doors of Perception, which appeared in 1954 and describes the effects of the psychedelic drug mescaline. It also provided Jim Morrison with the name of his band The Doors. Max Henry has now made the bust portrait, whose different versions reference Blake, appear transparent and always ready to morph, perhaps even into maps of imaginary islands. In an early small acrylic study (we are talking about a period of about two years) the skull ascribed to Blake still throws a shadow painted in pink hues, highlighting the ambiguity of the symbolic representation that oscillates between drawing and painting. Henry's constructing as well as deconstructing brush searches his uncertainty for the certainty of remaining open, in order to allow for more general, which is to say, abstract interpretations. Something similar is true for his colors. In the segmented structure of the picture, they serve as elements not only of a color palette that shapes a style (what else could thinking in colors be about), their interplay also seems to produce a calculated effect. If we ignore the lines that form the outlines of figures, the resulting pure color image is an abstract painting in its own right. Thus, these two levels are always at play here, as well, adding an additional dimension to these compositions.
Translated by Matthias Goldmann; In: Christian Meyer (ed.), "The Unknown Masterpiece", Schlebrugge.Editor, Vienna, 2017
The kinship with poetry West claims already points us to this: In the collage, both the likeness ... more The kinship with poetry West claims already points us to this: In the collage, both the likeness of a sculpture as well as the severed head, or, any recognizable figure that was taken from other consistent or cliché-ridden depictions, and even the signature become a new recognizable sign. Through the dual reflection of the one presented on the platter in the spectacle lenses of the female head, through the reflected gaze, that is, the presentation is once more split and fractured. If we consider, aside from art-historical and literary references, that the sculpture was shown at the exhibition for which this invitation design was created, it becomes apparent what a complex game Franz West played with art, its representation, its perception, and artistic authority and authorship.
In: Christan Meyer (Hrsg.) "Das Unbekannte Meisterwerk", Schlebrügge.Editor, Wien, 2017
Die von West reklamierte Verwandtschaft zur Poesie weist schon darauf hin: In der Collage werden ... more Die von West reklamierte Verwandtschaft zur Poesie weist schon darauf hin: In der Collage werden sowohl das Abbild einer Skulptur als auch das eines herausgetrennten Kopfes bzw. jede erkennbare Figur, die einer anderen einheitlichen oder durch ein Klischee geprägten Darstellung entnommen wurde, und selbst die Signatur zu einem neu lesbaren Zeichen. Durch die doppelte Spiegelung des am Teller Präsentierten auf den Brillengläsern des Frauenkopfes, durch den reflektierten Blick wird die Präsentation noch einmal geteilt und gebrochen. Zieht man in Betracht, dass die abgebildete Skulptur sich in der Ausstellung befand, für die dieser Einladungsentwurf hergestellt wurde, wird – abgesehen von den kunsthistorischen und literarischen Bezügen – ersichtlich, welch komplexes Spiel Franz West mit Kunst, ihrer Repräsentation, ihrer Wahrnehmung und mit der künstlerischen Autorität und Autorenschaft treibt.
Translated by Matthias Goldmann, In: Christan Meyer (ed.), "The Unknown Masterpiece", Schelbrugge.Editor, Vienna, 2017
In terms of the development of his Comédie humaine, Balzac wrote this book at the beginning and i... more In terms of the development of his Comédie humaine, Balzac wrote this book at the beginning and it starts with the flourish from Lawrence Sterne’s Tristram Shandy. There, it is traced in the air by one Corporal Trim with his baton and is intended to emphasize to Uncle Toby his displeasure over a marriage. I am tempted by Uncle Toby to I slip into further digressions about emphatic movements that, even if they aim at something, are devoid of meaning; about captured random movements that have acquired importance in the field of art, from Wittgenstein’s scribbling as an example of the meaningless all the way to Franz West’s oeuvre — a poster or invitation design by West is on display at this group exhibition. However, I want to collect my thoughts in front of the apparently not unrelated sliding marks on faux leather, as always caught in the middle of the human comedy, of which events in the art world are only a part (as are the narratives cited here from the comedy Balzac created, conceived, and wrote as a man of his time).
In: Christian Meyer (Ed.) "Das unbekannte Meisterwerk", Schlebrügge.Editor, Wien, 2017
Undd warum soll ich etwas sehen wollen, warum soll ich wollen, dass etwas geboren wird, damit ich... more Undd warum soll ich etwas sehen wollen, warum soll ich wollen, dass etwas geboren wird, damit ich es erkenne? Was wollen? (Statt: was tun?) Raphael, der von Balzac im Roman Das Chagrinleder als junger unbekannter Mann eingeführt wird, der sich in der nächsten Nacht umbringen will, landet, um sich die Zeit bis dahin zu vertreiben, in einem magischen Antiquitätenladen, der wie eine verdinglichte Comédie humaine in nuce, historisch und geografisch erweitert, in Artefakten, in „poetischsten Trümmern der materiellen Welt“ Jahrhunderte der Menschheitsgeschichte an ihm vorüberziehen lässt, bis er auf das Chagrinleder stößt, von dem man sich um den Preis der eigenen Lebenszeit alles wünschen kann. Dort ist sehr wohl von Meisterwerken im Plural die Rede: „Der Unbekannte folgte seinem Führer und gelangte in eine vierte Galerie, wo nacheinander vor seinen ermüdeten Augen mehrere Bilder von Poussin vorüberglitten, eine herrliche Statue von Michelangelo, einige entzückende Landschaften von Claude Lorraine, ein Gérard Dow, der wie eine Szene von Sternen aussah, mehrere Rembrandts, Murillos und Velasquez’, die düster und farbig wie ein Gedicht von Lord Byron waren; ferner antike Flachreliefs, Achatbecher und wunderbare Onyxe ...! Kurz, es waren Arbeiten, die einem die Arbeit verleiden konnten, Meisterwerke in solcher Menge, dass man die Kunst zu hassen begann und die Begeisterung erstarb.“ Nicht die Meisterwerke, erst das Chagrinleder, der Fetisch, der Talisman, der nicht die Wahrnehmung zu befriedigen, sondern die Biografie zu erfüllen verspricht, vermag den Lebenswillen Raphaels wieder zu wecken, das Wünschen wünschenswert zu machen.
In: Benjamin Kaufmann (Ed.) 'Der Sand aus den Uhren', Passagen Verlag, Wien, 2017
Angesichts der todbringenden Gräuel, die Menschen anderen Menschen antun, kann jedes Feilen an sp... more Angesichts der todbringenden Gräuel, die Menschen anderen Menschen antun, kann jedes Feilen an sprachlichen Formulierungen obszön wirken und könnte der Schluss gezogen werden, dass nicht nur dieses sinnlos, sondern jede diesbezügliche Arbeit am Begriff oder Suche nach Genauigkeit zum Scheitern verurteilt ist und in Absurdität endet. Noch die unscheinbarste Anstrengung, einen angemessenen Stil zu finden, könnte von Adornos berühmtem Diktum affiziert sein, nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben sei barbarisch. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass dieses ganz am Ende seines Aufsatzes Kulturkritik und Gesellschaft zu finden ist, in dem die Unmöglichkeit aufgezeigt werden soll, dass sich Kulturkritik als gesellschaftliche Funktion von der Abhängigkeit von der Gesellschaft und der mit ihr einhergehenden Korruption befreit. Damit wirft Adorno allerdings auch die Frage auf, ob seine fundamentale Kritik an der Kritik von dieser Unmöglichkeit betroffen ist. Nicht nur auf sinnliche Wirkung ausgerichtetes Wortspiel, Zeichenrätsel und sprachlich motivierte assoziative Überlagerung, sondern jede Art von Kunst und ihr Genuss kann hier unter Gedicht subsumiert werden. Kunst, die sich dem Erinnern an das Grauen und den Terror, die aus moralischem Versagen der Gesellschaft resultierten, widmen will, kann sich nur dadurch retten, dass sie als Intervention die kritische Funktion zu übernehmen sucht, die den sprachlichen Schablonen der Kulturkritik durch die gesellschaftliche Vereinnahmung unmöglich gemacht wurde oder wird. Daraus, nämlich dass sowohl Genuss als auch Verstehen unter Verdacht stehen, erklärt sich der Minimalismus der Kunstwerke, die Benjamin Kaufmann 2016 in Wien für eine Ausstellung ausgesucht hatte, um der Shoah zu gedenken, erklärt sich die Klarheit, der Grad an Abstraktion und die Reduktion der eingesetzten bildnerischen Mittel.
Uploads
Papers by Benedikt Ledebur
wo jede Zusammenkunft, jeder Zusammenstoss, jedes Verweilen
und Auseinandersetzen, jedes Niederlassen, Aufstehen, Auseinandergehen
und Auseinandergerissenwerden seine berechenbare Voraussagbarkeit
und Bedeutung bekäme, würden sie von einer Intelligenz,
einem Dämon à la Laplace, von einem distanzierten, außerhalb
des Ganzen gelegenen Fluchtpunkt aus betrachtet, dann spielten in
meinem Fall zwei Orte wegen ihrer Farbleitsysteme eine paradigmatische
Rolle: die Wiener Technische Universität und das Wiener Allgemeine
Krankenhaus.
ERNST MACH, KNOWLEDGE AND ERROR
Goose-soup or: there's got to be fun
Rudolf Polanszky and Benedikt Ledebur in Conversation
Recorded on November 20, 2002
einstehen, der ihrer herkömmlichen Verwendung fremd ist;
und wenn diese Sprachelemente auch als Fachtermini eine
feste Bedeutung annehmen, so verbleiben sie doch Metaphern,
die stumm auf ein Überspringen der Phantasie warten.
Alfred North Whitehead, Prozess und Realität, S.33
not in the way life is but in the way life is conducted and that
authentically speaking is composition. After life has been
conducted in a certain way everybody knows it but nobody
knows it, little by little, nobody knows it as long as nobody
knows it. Any one creating the composition in the arts does
not know it either, they are conducting life and that makes
their composition what it is, it makes their work compose
as it does.
(Gertrude Stein, Composition as Explanation)
not in the way life is but in the way life is conducted and that
authentically speaking is composition. After life has been
conducted in a certain way everybody knows it but nobody
knows it, little by little, nobody knows it as long as nobody
knows it. Any one creating the composition in the arts does
not know it either, they are conducting life and that makes
their composition what it is, it makes their work compose
as it does.
(Gertrude Stein, Composition as Explanation)
wo jede Zusammenkunft, jeder Zusammenstoss, jedes Verweilen
und Auseinandersetzen, jedes Niederlassen, Aufstehen, Auseinandergehen
und Auseinandergerissenwerden seine berechenbare Voraussagbarkeit
und Bedeutung bekäme, würden sie von einer Intelligenz,
einem Dämon à la Laplace, von einem distanzierten, außerhalb
des Ganzen gelegenen Fluchtpunkt aus betrachtet, dann spielten in
meinem Fall zwei Orte wegen ihrer Farbleitsysteme eine paradigmatische
Rolle: die Wiener Technische Universität und das Wiener Allgemeine
Krankenhaus.
ERNST MACH, KNOWLEDGE AND ERROR
Goose-soup or: there's got to be fun
Rudolf Polanszky and Benedikt Ledebur in Conversation
Recorded on November 20, 2002
einstehen, der ihrer herkömmlichen Verwendung fremd ist;
und wenn diese Sprachelemente auch als Fachtermini eine
feste Bedeutung annehmen, so verbleiben sie doch Metaphern,
die stumm auf ein Überspringen der Phantasie warten.
Alfred North Whitehead, Prozess und Realität, S.33
not in the way life is but in the way life is conducted and that
authentically speaking is composition. After life has been
conducted in a certain way everybody knows it but nobody
knows it, little by little, nobody knows it as long as nobody
knows it. Any one creating the composition in the arts does
not know it either, they are conducting life and that makes
their composition what it is, it makes their work compose
as it does.
(Gertrude Stein, Composition as Explanation)
not in the way life is but in the way life is conducted and that
authentically speaking is composition. After life has been
conducted in a certain way everybody knows it but nobody
knows it, little by little, nobody knows it as long as nobody
knows it. Any one creating the composition in the arts does
not know it either, they are conducting life and that makes
their composition what it is, it makes their work compose
as it does.
(Gertrude Stein, Composition as Explanation)